Basketball
Deutsche Rollstuhlbasketballer schaffen Sensation
Nach 32 Jahren haben die deutschen Rollstuhlbasketballer wieder eine Medaille bei den Paralympischen Spielen gewonnen. Mit Bronze erfüllen sich die Spieler ihren großen Traum in Paris.
(Hannover.) Als die Gruppen für die Vorrundenspiele veröffentlicht wurden, stand fest, dass es für Deutschland alles andere als leicht werden wird. Mit Großbritannien trafen die Deutschen im ersten Gruppenspiel direkt auf den Turnierfavoriten. Als zweiten Gegner warteten die Gastgeber aus Frankreich mit ihrem Topwerfer Jouanserre. Im letzten Vorrundenspiel bekam es Deutschland mit Kanada zu tun und dem Weltstar Patrick Anderson. Mit der Nationalmannschaft gewann der 45-Jährige schon drei Goldmedaillen und eine Silbermedaille bei den Paralympics.
Deutliche Auftaktniederlage
Gegen die Briten wurde es schnell deutlich. Nach dem ersten Viertel führte der Favorit mit 18:8. Im zweiten Spielabschnitt verbesserte sich die deutsche Auswahl und gewann diesen mit 17:14. Am Ende war das Ergebnis jedoch eindeutig. Vor allem in den letzten zehn Minuten ließ der Turnierfavorit den Deutschen keine Chance und erzielten 24 Punkte. Mit 76:55 für Großbritannien fing das Turnier für Team Deutschland denkbar schlecht an.
Mit viel Kampf und Wille zum Sieg
In Spiel zwei der Vorrunde spielte Deutschland nicht nur gegen Frankreich, sondern dazu noch gegen die Halle, die natürlich für den Gastgeber waren. Besonders merkte man das bei den Freiwürfen. Machte sich ein deutscher Spieler für einen Strafwurf bereit, fing das Pfeifkonzert an. Deutschland kam schlecht ins Spiel rein und lag nach fünf Minuten mit 17:4 zurück. Aufseiten von Frankreich traf deren Starspieler Nicolas Jouanserre aus allen Lagen und konnte nicht von der deutschen Verteidigung gestoppt werden. Doch nach einem Time-out fing sich die Auswahl vom Bundestrainer Michael Engel und startete noch im selben Viertel einen 9:2 Lauf. Zur Halbzeit konnte Team Deutschland das Spiel drehen und führten mit 36:34. In den letzten Spielabschnitt ging die Mannschaft von Kapitän Jan Haller mit einem Punkt Rückstand. Doch diesen wandelten sie schnell in eine Führung um und gewannen schlussendlich mit 72:64 gegen den Gastgeber Frankreich.
Weitere hohe Niederlage gegen Kanada
Im letzten Gruppenspiel traf Deutschland auf Superstar Patrick Anderson und Kanada. Ebenfalls wie in den Spielen zuvor starteten die Deutschen wieder schlecht in die Partie und lagen nach dem ersten Viertel mit fünf Punkten zurück. Auch in den weiteren Minuten der Begegnung zeigten sich die Kanadier deutlich stärker als die deutsche Nationalmannschaft. Bis auf den letzten Spielabschnitt gewannen die Nordamerikaner alle. Im dritten Spiel gab es somit mit 52:68 für Kanada die zweite Niederlage für Deutschland. Ausgeschieden waren sie trotzdem nicht. Bei den Paralympics wird in einem „Überkreuz-Modus“ gespielt. Das bedeutet, dass der Erste aus Gruppe A gegen den Tabellenletzten aus Gruppe B spielt und andersrum. Auch die Zweit- und Drittplatzierten der jeweiligen Gruppen spielen gegeneinander. Durch den Sieg gegen Frankreich belegte Deutschland Platz drei in der Vorrunde und traf nun auf Spanien, die in Gruppe B Zweiter geworden sind.
Überzeugender Auftritt sorgt fürs Halbfinale
Anders als in den Spielen davor war der Start der deutschen Auswahl gut. Zur ersten Viertelpause lagen sie jedoch trotzdem mit einem Punkt zurück. Im zweiten Abschnitt belegten das Team von Michael Engel den guten Start und führten zur Halbzeit mit sieben Zählern. Diese Führung ließen sie sich auch nicht mehr nehmen und gewann mit 57:49 gegen Spanien und zogen souverän ins Halbfinale ein. Auf deutscher Seite stach Thomas Böhme mit 26 Punkten und sieben Vorlagen heraus. Für den Spieler vom amtierenden deutschen Meister RSV Lahn-Dill waren es die vierten Paralympischen Spiele. Nachdem in den vorherigen Turnieren immer im Viertelfinale Schluss war, spielte er nun zum ersten Mal um eine Medaille. Wie ihm ging es auch Nationalmannschaftskapitän Jan Haller.
Großbritannien einfach zu stark
Im Halbfinale traf Deutschland erneut auf die starken Briten. Doch der Beginn war ein andere als noch in der Vorrunde. Die deutsche Auswahl spielte fokussiert und sehr konzentriert und lag zur Halbzeit mit nur vier Punkten zurück. Das einzige Problem für die Deutschen war Gregg Warburton. Er traf wie und von wo er wollte, und die Verteidigung konnte ihn nicht davon abbringen. Zwischenzeitlich hatte er genauso viele Punkte erzielt wie das gesamte Team Deutschland. Die Partie beendete er mit starken 35 Zählern. Er allein zog dem deutschen Spiel den Stecker. In der zweiten Halbzeit gelangen den deutschen lediglich 15 Punkte in 20 Minuten. Die Briten hingegen kamen in einen Lauf und erzielten ganze 43 in den letztenbeiden Vierteln. In diesem Spiel zeigte der Turnierfavorit, warum er so hoch bei den Experten gehandelt wurde. Das Endergebnis war 71:43 für Großbritannien. Für Deutschland hieß es, die Neiderlage schnell zu vergessen und den Fokus auf das Spiel um Platz 3 zu lenken. Dort trafen die deutschen erneut auf einen alten Bekannten, und zwar auf Kanada.
Deutschland erfüllt sich den Traum von Bronze
In der Neuauflage des Vorrundenspiels hatte Kanada wieder den besseren Start und ging mit einer sechs Punkte Führung in die erste Viertelpause. Bis zur Halbzeit konnten die Nordamerikaner ihren Vorsprung sogar auf acht ausbauen. Doch die deutschen hatten das Spiel noch nicht abgeschrieben und kamen mit neuer Energie in den zweiten Durchgang. In das letzte Viertel ging die deutsche Auswahl mit nur einem Punkt Rückstand. In den letzten zehn Minuten des Spiels drehte Deutschland und vor allem wieder Thomas Böhme auf. Das deutsche Team erzielte großartige 28 Punkte innerhalb des vierten Spielabschnitts und konnte am Ende mit 75:62 gegen Kanada gewinnen. Damit holten die Rollstuhlbasketballer nach 32 Jahren wieder eine Medaille bei den Paralympischen Spielen. Wie schon gegen Spanien drückte Thomas Böhme dieser Begegnung seinen Stempel auf. Er erzielte 36 Punkte und damit fast die Hälfte aller deutschen Zähler. Zur Vorbereitung auf dieses Turnier absolvierte die Nationalmannschaft ein Höhentrainingslager in Italien. Nach dem Gewinn der Bronze Medaille sagte Kapitän Jan Haller in einem Interview mit der “Bild“: „Wir haben uns da die Körner geholt, die uns jetzt zu Bronze getragen haben. Wir haben in Italien jeden Tag zweimal trainiert, dem Turnier in Paris in der Vorbereitung alles untergeordnet. Es hat sich gelohnt.“
In einer Umfrage beantworten Fans die Frage, welches aus ihrer Sicht das beste Spiel von Deutschland war.
Deutsche Frauen schaffen nur Platz 6
Die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen hatten sich ebenfalls für die Paralympischen Spiele in Paris qualifiziert. Nach zwei Niederlagen gegen die jeweiligen Turnierfavoriten Niederlande und USA und einem Sieg gegen Japan belegten die Damen wie auch die Herren den dritten Platz in ihrer Gruppe. Im Viertelfinale traf die Mannschaft von Nationaltrainer Dirk Passiwan auf Kanada. Das Spiel ums Halbfinale verloren sie jedoch gegen die Nordamerikanerinnen mit 53:71 klar und so blieben nur noch die Platzierungsspiele um Platz 5-8. Als erstes traf Deutschland dort auf Spanien. In einer engen Partie konnten sich die deutsche Auswahl jedoch mit 51:46 durchsetzen. Im letzten Spiel um Platz 5 bekamen es die Deutschen mit Großbritannien zu tun. In einem kuriosen Spiel, wo es nach vier Minuten gerade mal 2:2 stand, gewannen die Briten die Partie mit 48:39. Für Deutschland reichte es somit nur zu Platz 6 in Paris.
Mit Jan Haller, Alexander Budde, Tobias Hell, Jan Sadler und Vanessa Erskine waren insgesamt fünf Spieler und Spielerin von Hannover United für Deutschland bei den Paralympischen Spielen im Einsatz. Teamkollege und U23-Nationalspieler Sören Seebold zieht sein Fazit über den Turnierverlauf der beiden Mannschaften.
Ein Bericht von Bennet Binder im Modul Sportlehrredaktion I (BA-SJ-22-H-VZ)
Quellen:
https://rollstuhlbasketball.de/2024/09/08/berauschende-zweite-halbzeit-sichert-deutschland-bronze/
Schlagworte: Bronzemedaille, Paralympische Spiele, Paris24, Rollstuhlbasketball, Sensation