Fußball
Sicherheit im Stadion – als Frau noch eine Wunschvorstellung
Trotz des steigenden Anteils weiblicher Fans fehlen in vielen Fußballstadien ausreichende Sicherheitskonzepte zum Schutz vor sexuellen Übergriffen. Die Vereine stehen zunehmend in der Verantwortung, entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Eine neue Studie zeigt, dass sich viele Vereine noch gar nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben.
Fußball ist eine Welt für sich. Fahnen, Fans und viele Emotionen prägen das Bild. Diese Welt birgt aber auch Risiken, denn es scheint, dass die Fußballstadien noch kein umfassendes Sicherheitskonzept zum Schutz von Opfern sexueller Gewalt entwickelt haben. Oft fehlen adäquate Anlaufstellen oder diese sind noch nicht ausreichend auf die Bedürfnisse von Opfern sexueller Gewalt vorbereitet.
Sexuelle Gewalt ist ein tief verwurzeltes gesellschaftliches Problem, das auch vor den Stadien nicht Halt macht. Trotz einer Zunahme weiblicher Fans – mittlerweile rund 40 Prozent – fühlen sich viele von ihnen im Stadion nicht willkommen oder sicher. Für manche wird der eigentlich freudvolle Stadionbesuch zum Ort von Diskriminierung oder Übergriffen. Es gibt zahlreiche Berichte von Frauen, die sexuelle Belästigungen, anzügliche Bemerkungen oder gar körperliche Übergriffe erlebt haben. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen als die gemeldeten Fälle.
Eine Recherche der Sportschau ergab, dass es in den Jahren 2019 und 2020 mindestens 21 dokumentierte Fälle von sexueller Gewalt bei Spielen des deutschen Profifußballs gab. Die tatsächliche Zahl dürfte höher liegen, da viele Opfer aus Scham oder Angst vor Konsequenzen schweigen. Das Bundesfamilienministerium schätzt, dass nur etwa 12 Prozent der Straftaten tatsächlich angezeigt werden. Scham, Schuldgefühle und die Angst, nicht ernst genommen zu werden, sind häufige Gründe, warum Opfer keine Anzeige erstatten.
Sicherheit ist Pflicht – doch für keine zu sorgen ist auch nicht so schlimm?
Seit 2022 sind die Vereine der Deutschen Fußball Liga (DFL) verpflichtet, ihre Mitarbeitenden im Umgang mit sexualisierter Gewalt zu schulen. Allerdings gibt es keine Sanktionen, wenn diese Schulungen nicht durchgeführt werden. Trotz dieser Lücke haben viele Vereine begonnen, Maßnahmen zu ergreifen. Mehrere Bundesligavereine haben Anlaufstellen für Opfer von Diskriminierung und sexueller Gewalt eingerichtet. Flächendeckend sind diese Angebote jedoch noch nicht.
Ein Vorfall in einem Fanblock in Mönchengladbach im Jahr 2018 führte zur Einrichtung erster Beratungsstellen. Diese bieten Betroffenen die Möglichkeit, sich diskret Unterstützung zu holen. Dennoch gibt es noch deutlichen Verbesserungsbedarf. In der Saison 2023/24 verfügten nur 23 von 36 Profivereinen über eine offizielle Anlaufstelle für sexualisierte Gewalt. Bei einer Umfrage antworteten nur 25 von 54 Vereinen, und nur vier gaben an, eine solche Stelle zu haben. Doch es gibt Hoffnung: Drei weitere Vereine planen, in den kommenden Monaten entsprechende Einrichtungen zu schaffen.
Wie könnten Schutzkonzepte aussehen
Ein Beispiel für einen engagierten Ansatz ist das „Fuchsbauprojekt“ des SC Freiburg. Arne Stratmann, Leiter der Fan- und Social-Media-Abteilung, erklärte 2023, dass das Projekt in der laufenden Saison starten wird. Ziel ist es, Betroffenen an Spieltagen schnell und unkompliziert zu helfen. Speziell geschultes Personal empfängt die Betroffenen und klärt ihren Unterstützungsbedarf ab. Dafür stehen im Stadion spezielle Räume zur Verfügung, die eine diskrete Beratung ermöglichen. Andere Vereine wie der VfB Stuttgart mit „Das Dächle“, Bayer 04 Leverkusen mit „Luisa ist da“ und Hertha BSC mit „Wo ist Lotte?“ haben ähnliche Konzepte entwickelt. Diese Initiativen sind wichtige Schritte, zeigen aber auch, dass noch viel zu tun ist.
Entscheidend ist, dass alle Bundesligavereine und darüber hinaus einheitliche Schutzkonzepte umsetzen, um das Stadionerlebnis für alle sicher und angenehm zu gestalten. Nur so kann gewährleistet werden, dass sich Fans – unabhängig von Geschlecht und Herkunft – im Stadion sicher und willkommen fühlen. Die Fußballwelt muss ihre Strukturen weiterentwickeln, um sexuelle Übergriffe präventiv zu verhindern und Betroffenen den notwendigen Schutz und Unterstützung zu bieten.
Ein Bericht von Lisa Gäbelein (BA-MJ-68-K-VZ); Modul Journalistische Darstellungsformen
Quellen:
https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/vollbild-fussball-bundesliga-vereine-sexismus-100.html
https://www.deutschlandfunk.de/sexismus-im-frauenfussball-100.html
https://www.deutschlandfunk.de/fussball-sexualisierte-gewalt-alltag-in-deutschen-stadien-100.html
Schlagworte: DFB, Frauen, Fußball, Sicherheit