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Oranje adé – Ein Fanansturm mit bitterem Ende
Ein Anblick, der Eindruck macht. Am Mittwochabend treffen im BVB Stadion Dortmund im Halbfinale der Europameisterschaft die Niederländer auf die englische Nationalmannschaft und es war ein Volksfest. Ein Anlass für die holländischen Fans, eine weitere Stadt in orange zu färben.
(Dortmund.) Zur Mittagszeit geht es für mich mit dem Zug nach Dortmund, und wie zu erwarten ist der Zug ebenfalls orange-dominant besetzt. Mehrere hunderte Fans bewegen sich mit dem RegionalExpress in Richtung Fußballhauptstadt, denn dort findet das zweite Halbfinale zwischen den Niederlanden und England statt. Die Stimmung im Zug ist, wie schon an den vorigen Spieltagen in den Spielstädten eindrucksvoll bewiesen, exzellent. Und auch auf mich springt das Fußballfieber um. Gekleidet in grün als UEFA Volunteer bekomm ich einen orangenen Hut gereicht und dazu das ein oder andere Bier. Für den Fußballfan perfekte Voraussetzungen würde man behaupten. Die ersten Fan Lieder werden angestimmt und da bekommt man das Gefühl, selbst als Deutscher die Niederlande zu unterstützen.
Erste Eindrücke
In Dortmund angekommen ist der ganze Hauptbahnhof orange. Egal wo man hinsieht, sind die Holländer und brüllen ihre Fangesänge durch den Bahnhof und es ist erst kurz nach 15 Uhr, also noch sechs Stunden bis zum Anstoß. Auf dem Weg in die U-Bahn kommen mir vereinzelt Engländer entgegen, die ebenfalls auf dem Weg in die Fanzones für das Public Viewing sind. Schon jetzt sind um die 20.000 Fans in niederländischen Farben in der Stadt vertreten. Die U-Bahn, wie ist es zu erwarten, ebenfalls voll und wieder sind alle in orange.
Ausnahmezustand im Westfalenpark
Angekommen am Westfalenpark, meinem Einsatzort bahne ich mir den Weg zwischen dem orangenen Meer. Alle warten sie darauf, dass sie die Wiese vor der großen Leinwand stürmen können. Um 16:00 sind die Tore endlich geöffnet. Mein Einsatzort war die football area am Eingang des Parks und die Masse stürmt in Richtung der Bühne. Einige biegen in meine Richtung ab und wollen sich die Zeit damit vertreiben, ein bisschen zu kicken bis das Spiel beginnt. Das Programm wurde aufgrund der großen Masse an Fans abgeändert. Statt einer Liveband spielt ein DJ holländische Lieder, um die Stimmung weiter hoch zu halten. Mit dabei natürlich auch der Song „Links Rechts“ der Snollebollekes, der durch die Fans in allen Medien zu sehen war, bekannt ist. In der Luft liegt ein Duft von frischer Bratwurst und frisch gezapftem Bier, wie es von Sportplätzen im Breitensport bekannt ist.
Nach einer kurzen Pause für mich geht es wieder in Richtung der Masse und der Anblick ist atemberaubend. Über 20.000 Fans sind alleine vor der großen Bühne und aufgrund des Ansturms der Fans vom Fanmarsch beschließt die Eventleitung eine weitere große Leinwand etwa 150 Meter weiter entfernt zu öffnen, damit sich das Menschenmeer besser verteilt. Aber… Fehlanzeige. Trotz weiträumiger Absperrungen strömen die Massen weiter Richtung der Hauptbühne. Eine Zaunsektion wird oftmals von ein paar Hunderten Holländern abermals umgelaufen. Von der Stimmung hier ist gefühlt besser als im ein paar Kilometer entfernten Stadion, wo die Action eigentlich stattfindet. Der Anstoß naht und gefühlt sind über 50.000 Fans hier versammelt. Dazu muss gesagt werden, dass beide Leinwände eine Kapazität von knapp mehr als 40.000 Zuschauer zulassen.
Orangne Freude währt nur kurz
Kurz vor 21 Uhr werden die Nationalhymnen gespielt. Pyrotechnik darf selbstverständlich auch nicht fehlen und so steigt vermehrt orangener Rauch aus dem Menschenmeer auf. Ein grellendes Pfeifkonzert startet, als „God Save the King“ gespielt wird. Dann ist Anstoß und recht zügig ist die Stimmung auf einem hoch, denn schon nach wenigen Minuten trifft Xavi Simmons für die Elftal und der Traum von Berlin lebt. Zehn Minuten später dann der Rückschlag. Harry Kane gleicht per Strafstoß aus. Ein Grund, die Stimmung abfallen zu lassen? Keinesfalls. Jetzt gibt die orangene Masse noch mehr Gas. Dennoch bekommt die Mannschaft das nicht mit. Immer wieder kommt ein Raunen durch den Park, nachdem die Engländer sich Chancen erarbeiten, diese aber auslassen.
Später Schock zerstört den Traum
Genau so sieht es auch im zweiten Durchgang aus und dann der Stimmungskiller. Ollie Watkins trifft in der Nachspielzeit zum 2:1 und eine kleine Gruppe an Engländern in der Mitte des orangenen Meeres wird in Exstase versetzDer Genickbruch für die Elftal und aus der Traum aller mitgereisten Fans. Schnell nach Abpfiff bildet sich ein quasi endloser orangerer Wurm in Richtung Ausgang mit dem Ziel Innenstadt und Hauptbahnhof. Alle wollen sie zügig wieder nach Hause oder in einer Kneipe das Spiel vergessen machen.
Auf meiner Rückfahrt ist die Stimmung dementsprechend gedrückt von den Ereignissen der letzten beiden Stunden. Dennoch bleibt zu erwähnen, dass die Fans nicht der Grund für das Ausscheiden sind. Eine Erinnerung, die lange in mir ruhen wird.
Eine Reportage von Lukas Meixner (BA-MJ-66-VZ) Modul: Journalistische Darstellungsformen
Schlagworte: EM, England, Euro2024, Europameisterschaft, Europameisterschaft 2024, Fußball, Länderspiel, Niederlande