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Abstiegskrimi in Oldenburg – Historischer Tag für den VfB

Nach 25 Jahren gelang dem VfB Oldenburg die lang ersehnte Rückkehr in den Profifußball. Doch der Saisonstart in die neue Saison misslang. Umso wichtiger war der Gipfel im Tabellenkeller gegen den SC Verl. Das Ziel der Gastgeber: Den ersten Sieg in der eingleisigen dritten Liga feiern!

Veröffentlicht am 29. September 2022 von

(Oldenburg.) Schlechtes Internet, flaches Land und Fahrradträger. So  lässt sich wohl ziemlich jede Fahrt über die Autobahn in Richtung Norden beschreiben. Doch für mich ging es heute nicht, wie wohl für die meisten anderen, die sich über die aus allen Nähten platzende dreispurige Autobahn drückten, an die Nordsee, sondern in die drittgrößte Stadt Niedersachsens: Oldenburg. Auch wenn der VfB Oldenburg bereits 1897 gegründet wurde, so ist er in den letzten Jahrzehnten zunehmend in den Untiefen des Amateurfußballs verschwunden. Doch mit der Saison 2022/2023 entkamen die Jungs dem Sumpf der Regionalliga, in dem bereits so viele Traditionsvereine mit höherem Anspruch stecken blieben. Um aber nicht nach nur einer Saison den Rückwärtsgang einzulegen und fortan wieder auf Gegner wie Teutonia Ottensen statt Dynamo Dresden zu treffen, musste an diesem 5.Spieltag gegen den ebenfalls noch sieglosen SC Verl endlich der erste Saisonsieg her.

Nach einer von Stau, Verspätung und der in das Auto scheinenden prallen Mittagssonne geprägten Autofahrt erreichte ich Oldenburg. Praktischerweise liegt das Marschwegstadion direkt an der gleichnamigen Ausfahrt und durch das rechte Seitenfenster konnte man bereits einen ersten Blick in das Stadioninnere und auf die im deutschen Profifußball einzigartige Spanndachkonstruktion erhaschen. Bereits seit 1948 steht das Stadion auf dem Gelände einer alten Mülldeponie und wurde über die Jahre nur gelegentlich modernisiert.

Das Stadion rechts liegend lassend, gestaltete sich die Suche nach einem Parkplatz auch ohne Stadtkenntnisse wenig zeitintensiv, auch wenn der direkt an der Abfahrt und unter der Autobahn liegende Parkplatz 45 Minuten vor Anpfiff bereits bis auf den letzten Platz gefüllt war. Doch durch die Lage nahe einem Wohngebiet, fand sich recht schnell ein Parkplatz in einer der vielen kleinen Seitenstraßen, die nahezu menschenleer waren. Trotz des sonnigen und sommerlichen Wetters waren zur besten Mittagszeit kaum Spaziergänger oder Radfahrer unterwegs und so traf ich auf dem kurzen, etwa zehnminütigen Fußweg zum Stadion ausschließlich Menschen, die in blau-weiße Kleidung des VfB Oldenburgs gehüllt waren. Umgeben von diesen ging ich den engen und schattigen Weg am Stadion entlang. Klassisch norddeutsch erreichten viele Fans mit ihrem Fahrrad das Stadion, welches sie entlang des Weges auf der linken Seite in einer der unzähligen Fahrradständer direkt am Stadion abstellen konnten. Die Schlange zur Ticket- und Sicherheitskontrolle war trotz nahenden Anstoßes recht kurz, was sich mit einem flüchtigen Blick quer über die Straße recht schnell erklärte. Das dort gelegene griechische Restaurant mit zur Straße liegendem Biergarten war voll bis auf den letzten Platz und auch auf dem Bürgersteig vor dem Restaurant war aus der Ferne nur noch wenig freier Platz zu erkennen, so dass der Tagesumsatz des Restaurants reichen könnte, um sämtliche griechische Staatsschulden abzubezahlen. Der Geruch von frisch gegrilltem Fleisch und frisch gezapftem Bier erreichte auch den Stadionvorplatz und sorgte mit Sicherheit für die ein oder andere Umsatzsteigerung an der Bratwurstbude im Stadion. Kaum im Stadion angekommen, machte sich die strahlende Sonne bemerkbar und so verschlug es mich an den wenige Meter entfernten Getränkestand. Die fast dörfliche Atmosphäre und kurz aufkommende Fußballromantik verflog mit Blick auf die auf dem Tresen befestigte Preisliste recht schnell. Auch in Oldenburg macht die Inflation nicht halt. Doch die drohende schlechte Stimmung wurde recht schnell durch den Gang zu den gebuchten Plätzen besser. Wenige Treppenstufen führten hinauf zu Block F, der wie alle anderen Plätze auch, nicht wie üblich Sitzschalen besaß, sondern als Sitzplatz nur rote Sitzbänke zu bieten hatte. Leicht rechts von der Mittellinie gelegen, hatte man einen hervorragenden Blick auf die gegenüberliegenden Blöcke, welche von den Fanszenen der beiden Mannschaften besetzt waren. Schräg links lag der Stehblock der Oldenburger um die Fangruppe „Vanguard Oldenburg“, welche seit 2009 ihre Mannschaft bei Heim- und Auswärtsspielen lautstark unterstützt und für den organisierten Support im Block verantwortlich ist.

Nur durch einen Block und wenige Polizisten getrennt, fanden sich rund 50, ganz in weiß gekleidete Gäste aus Ostwestfalen wieder. Rund zwei Stunden Anfahrt nahmen die aus dem Kreis Gütersloh stammenden Verler in Kauf, um ihren Verein auch in der dritten Saison in der niedrigsten deutschen Profiliga zu unterstützen. Trotz des siebtniedrigsten Marktwerts in der dritten Liga, gingen die Gästen als Favorit in das Spiel des Tabellenvorletzten gegen den Drittletzten. Diese prekäre Tabellensituation war auch bei den umliegenden Zuschauer Thema und machte sich in einer insgesamt angespannten Atmosphäre bei den Fans bemerkbar.

Schaute man sich im weiten Rund des Stadions um, so zeigte sich, dass das Stadion noch in der Regionalliga feststeckte. Die Anzeigetafel war klassisch manuell, nicht einmal eine Zeitanzeige befand sich auf dem weißen Holzschild hinter dem südlichen Tor wieder. Und auch akustisch war die lautstarke Musik aus dem am Tribünendach befestigten Lautsprechern eher knackend als deutlich zu verstehen. Auffallend war zudem das fehlende Flutlicht, das Abendspiele bis zuletzt verhinderte. Dieses wird nun nach einem langen Hin-und-Her  jedes Spiel durch zwei mobile Masten auf LKWs ersetzt und soll so ein Spiel auch bei schlechten Lichtverhältnissen möglich machen.

Pünktlich auf die Minute pfiff Schiedsrichter Assad Nouhoum aus Bayern sein erstes Drittligaspiel an. Und es ergab sich ein Bild auf dem gut gepflegten Rasen, das zu erwarten war: Beide Mannschaften waren die schlechten Ergebnisse der ersten Spiele anzusehen und beide leisteten sich einige Fehler, welche immer wieder für leichtes Raunen sorgten. Beide Mannschaften nutzten das Mittel der hohen und langen Bälle, welche aber wie vom Nordseewind verweht waren und nur selten ihr Ziel fanden. Trotzdem war die Stimmung, die insbesondere aus dem Oldenburger Stehblock kam, gut und die blau-weiße Meute feuerte ihre Mannschaft durchgängig an. Aber auch die deutlich überschaubare Menge an Auswärtsfans sorgte für deutlich bessere Stimmung als man hätte annehmen können. Und so war das Treiben in den Fanblöcken bis zur 33.Minute deutlich interessanter als das Geschehen auf dem Rasen. Doch dann sorgte Rafael Brand für das 1:0 für die Gastgeber und spürbare Erleichterung setzte schnell ein, nachdem der erste große Jubel wieder abnahm. Diese Erleichterung münzte das Geschehen im Laufe des zweiten Durchgangs dann aber erneut in Angespanntheit und Nervosität auf der Sitzplatztribüne um. Auch wenn sich dem Gast aus Verl kaum einmal eine Abschlussgelegenheit bot, war der 1:0 Vorsprung doch zu knapp, um siegesgewiss die letzten dreißig Minuten anzugehen. Nur die Oldenburger Fanszene sang selbstbewusst und siegessicher weiter und pushte ihre Mannschaft in jeder Aktion. Als die selbstgestoppte Handyuhr die letzten zehn Spielminuten einläutete, wurde das Spiel immer hektischer und war von Foulspielen und vielen Verwarnungen geprägt. Der bereits eh schon niedrigere Spielfluss wurde von beiden Seiten immer weiter gestört, was vor allem die Verzweiflung in den Gesichtern der Verler Spieler und Fans größer wurden ließ. Nach einer recht langen Nachspielzeit beendete der Schiedsrichter das Spiel, in welchem der Fußball eher gearbeitet als gespielt wurde. Doch das war den meisten Fans an diesem Tag egal. Am Ende stand der erste Sieg des VfB Oldenburg in der eingleisigen dritten Liga und bei der Runde der Spieler über die rote Tartanbahn, um sich bei den rund 4.000 Zuschauern für die Unterstützung zu bedanken, spürte man die Erleichterung des ersten Sieges in allen Gesichtern. Der erste große Schritt zum Klassenerhalt war getan.

Quellen:

https://www.kicker.de/oldenburg-gegen-verl-2022-liga-4788793/analyse

https://www.oldenburg.de/startseite/kultur/sport/aktuelles/marschwegstadion-mit-flutlicht.html

https://mobil.nwzonline.de/plus/oldenburg-sanierung-des-fussballplatzes-auf-dem-rasen-im-marschwegstadion-wirbelt-der-bagger_a_50,4,3666016159.html

https://vfb-oldenburg.de/fan-gruppen/

Eine Reportage von Jannis Bartling (BA-SJ-18-H-VZ)

Modul: Journalistische Darstellungsformen


Schlagworte: 3. Liga, Abstiegskampf, Fußball, Marschwegstadion, Reportage, Verl, VfB Oldenburg

Artikelinformationen


Datum: 29. September 2022
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