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Fußball

Der kleine und der große HSV – ein freundschaftliches Nordduell

„Das gewinnen wir locker, im Hinspiel haben wir die auch mit 2:0 weggefegt!“. Der 96-Fan im Vierer neben uns scheint sich sicher zu sein: Hannover 96 gewinnt das Ding heute beim HSV. Julian und ich sitzen im Metronom auf dem Weg nach Hamburg. Er im HSV-Trikot, ich im 96-Trikot. Unser Ziel: das Volksparkstadion. Nach 2 Stunden Fahrt und vielen Diskussionen über den Ausgang des Spiels sind wir endlich da – Hamburg Hauptbahnhof.

Veröffentlicht am 02. Mai 2018 von

Es ist regnerisch, eisig kalt und der Wind fegt uns um die Ohren, typisch Hamburger Wetter eben. Ich setze mir meine Mütze auf, ziehe die warmen Handschuhe an und lege mir meinen grünen 96-Schal um. Noch 3 Stunden bis Anpfiff. Der HSV steht auf Tabellenplatz 17 und braucht den Sieg, um aus der Abstiegszone herauszukommen. Wir machen uns mit der S21 auf den Weg Richtung Stadion. In der Bahn drängen sich die HSV-Fans, überall sieht man schwarz-weiß-blaue Mützen, Trikots und Schals. Je näher wir dem Stadion kommen, desto mehr Fangesänge werden angestimmt. „6 mal Deutscher Meister, 3 mal Pokalsieger, immer erste Liga – HSV“. Julian brüllt heftig mit und ich fühle mich als einzige 96erin unter tausenden Hamburgern leicht alleingelassen.

Haltestelle: Stellingen. Wir werden mit der Masse aus der Bahn gedrückt und stehen wieder im eiskalten Winterwind – jetzt zieht sich auch Julian seine Mütze auf. Mittlerweile ist es dunkel geworden und für uns sind es nur noch wenige hunderte Meter bis ins Stadion. Für den neuen HSV-Trainer Bernd Hollerbach soll heute der erste Sieg her, nachdem er in seinem Debüt letzte Woche gegen Leipzig ein Unentschieden erreichen konnte. Das wollen wir natürlich verhindern. Nach der Sicherheitskontrolle zieht mir schon der bekannte Geruch aus Bratwurst, Bier und Zigaretten in die Nase – das ist typisch Stadion! Wir müssen in Block 13B, der ist genau neben dem Gästeblock. 30 Minuten vor Anpfiff sitzen wir auf unseren Plätzen. Links neben mir sitzt eine Frau, die auch aus Hannover kommt: „Mein Freund ist HSV-Fan und steht drüben in der Nordkurve“, erzählt sie mir. Puh, Glück gehabt. Gottseidank konnte ich Julian dazu überreden, dass er mit mir neben den 96ern sitzt.

18 Uhr: Anpfiff – der Ball rollt. Die Anfangsphase ist unspektakulär, Hannover steht hoch und macht dem HSV den Spielaufbau schwer. 4 Torschüsse, die jedoch keine Gefahr bringen. In der 37. Minute ist es aber endlich soweit: Ecke Hannover. Hamburgs Sakai wehrt die Ecke ab aber köpft den Ball auf Iver Fossum. Der nimmt ihn mit der Brust an und zieht aus 20 Metern volley ab und TOR! Ich springe auf und reiße die Arme in die Luft. Die Frau neben mir fällt mir in die Arme und auch hinter uns jubeln die 96er. Die Freude ist riesig, auf dem Platz wird Fossum gefeiert. Ich schaue nach rechts: Julian sitzt zusammengesackt mit verschränkten Armen auf seinem Sitz. Er hat den Blick nach unten gerichtet und schaut enttäuscht auf den Betonboden. Der Abstieg kommt näher…

Kurz vor der Halbzeit springt dann auch Julian auf – aber vor Aufregung. „EY Schiri, guck doch hin! ELFER!“. Salif Sané hat den Hamburger Filip Kostic im Strafraum gefoult. Einen Elfmeter sehe ich da allerdings nicht. Mit den Tumulten geht es in die Halbzeit. „Hast du das nicht gesehen? Das war locker ein Elfmeter! Immer werden wir benachteiligt, was soll das?!“, beschwert sich Julian die ganzen 15 Minuten lang. Mit Anpfiff der zweiten Hälfte geht es hektisch weiter, fast hätte Bebou die Entscheidung für die 96er erzielt, als er frei vor dem Tor stand. Doch Mathenia kann gerade noch retten. In der Schussphase kommt es dann so, wie es kommen musste: Salihovic bringt einen Freistoß für den HSV scharf in die Mitte, da steht Kostic frei und trifft zum Ausgleich. Neben mir springt Julian auf und bekommt sich vor Freude nicht mehr ein. Erleichterung ist in seinem Gesicht zu sehen. Diesmal sitzen die Frau und ich still da und schauen uns an: „Immer das Gleiche mit denen. Wieso kassieren die immer kurz vor Ende das Gegentor?“, fragt sie mich. Das weiß ich leider auch nicht.
So bleibt es beim 1:1. Hamburgs Papadopulos kassiert in der Nachspielzeit noch eine gelb-rote Karte, doch dann ist das Spiel aus. Ein freundschaftliches Unentschieden, mit dem 96 und ich wohl besser leben können als der HSV und Julian. Doch noch ist der Abstieg zu vermeiden – nächste Woche in Dortmund gibt es die nächste Möglichkeit für den HSV.

Wir entfernen uns immer weiter vom Volksparkstadion. An dem kalten Februarabend ist eine enttäuschte Stimmung zu spüren, die HSV-Fans stehen ruhig in der Bahn in Richtung Hauptbahnhof. Keine Fangesänge, kein Lachen. Doch wir sind glücklich und für uns steht fest: nächste Saison fahren wir wieder gemeinsam nach Hamburg ins Volksparkstadion.

 

Eine Reportage von: Laura Diekmann (BA-SJ-08-H-VZ)


Schlagworte: Bundesliga, Fußball, Hamburger SV, Hannover 96, HSV, Nordderby, Nordduell, Volksparkstadion

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Datum: 02. Mai 2018
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