Fußball
Wenn der Fußball zur Nebensache wird
Wenn Eltern ihr Kind verlieren, sei es durch einen Unfall oder durch eine Krankheit, ist so etwas immer schwer zu verkraften. Vor einem Monat verlor der ehemalige Nationaltrainer Spaniens und Ex-Barca-Coach Luis Enrique seine neun Jahre alte Tochter. Zwei Wochen nach dem Schock, konnte auch sein Ex-Klub um ihn trauern. Und nicht nur der.
Die Vorzeichen standen nicht so gut für den FC Barcelona. Nicht nur das sie schon zwei Mal, in dieser noch jungen Saison, auswärts Punkte liegen ließen, und ihr Superstar Lionel Messi verletzungsbedingt fehlte, überschattete danach auch der Tod, der Tochter von Luis Enrique, der von 2014-2017 Trainer der A-Mannschaft von Barcelona war, das Spiel gegen den FC Valencia. Der übrigens auch einen Schock zu verdauen hatte, denn der von allen gelobte Trainer Marcelino Garcia wurde wegen Meinungsverschiedenheiten vom Klub entlassen. Somit war vielleicht etwas drin für die Katalanen. Mit diesen Gedanken, dass auf beiden Seiten gerade etwas durcheinander läuft und mindestens ein Unentschieden drin ist, gingen auch meine Freunde und ich in die Partie.
Die ersten Minuten voller Emotion
Jedoch noch vor dem Spiel kam dann wieder dieser traurige Moment hoch. Als der Stadionsprecher Aleix Santacana zu einer Schweigeminute aufrief um der Familie Enrique zu gedenken, die ihr jüngstes Kind, Xana, Ende August 2019 an den Krebs verloren hatten. Während sich die Spieler beider Teams am Mittelkreis positionierten, hatten die Fans schon längst ein kleines Banner ausgerollt auf dem „Un Nou Estel Al Cel. EPD Xana“ (Ein neuer Stern am Himmel. Ruhe in Frieden Xana) stand. Mit der einsetzenden Musik, wurde es im ganzen Stadion still. Fast hätte man sogar eine Stecknadel fallen hören können, zumindest kam es mir so vor. Spieler, Vorstand und Fans gaben Xana die letzte Ehre, denn einige der Profis kannten die kleine Tochter von Enrique noch sehr gut von vergangenen Zeiten. Auch viele der Fans kennen sie noch. Ich muss mich vor allem an das Champions League Finale 2015 in Berlin erinnern, hier war sie zum allerersten Mal zu sehen. Besonders die Szene, als sie vor Freude eine der Fanflaggen herumwirbelte bleibt mir im Gedächtnis hängen. Nachdem die Melodie endete, dauerte es auch nicht lange, bis die Fan-Kurve anfing immer wieder „Luis Enrique“ mit Sprechchören zu beklatschen und zu besingen.
Keine Trauer zu spüren – in den ersten sieben Minuten
Auch als das Spiel schon angepfiffen wurde hörten sie nicht sofort auf. Angespornt von ihren Fans, zeigten auch die Spieler seitens Barcelonas auf dem Platz das sie nicht das ganze Spiel über die Trauerbinde tragen wollten. Kurz darauf waren auch schon Jubelschreie zu hören und ein raunendes Stadion. Das neuen Wunderkind Ansu Fati hatte getroffen auf Vorlage von Frenkie de Jong. Nur fünf Minuten später waren dieselben Emotionen und Spieler wieder zu sehen. Zwar erzielte Kevin Gameiro noch das 2:1 vor der Halbzeitpause, doch Barca ging mit der Führung in die Pause.
Die Pause war auch ein guter Moment für uns über die ersten 45 Minuten zu reden, doch vor allem redeten wir über Xana. Schon vor Barcelona, die endlich im eigenen Stadion die Schweigeminute abhalten konnten, gaben schon andere Vereine und Sportler ihre Beileidsbekundungen an die Familie von Luis Enrique ab. Viele Fans, auch von anderen Vereinen zeigten ihr Mitgefühl. Für viele war die Nachricht klar. In diesen Momenten zählt nicht der Fußball, sondern die Familie. Auch wir teilten diese Meinung. Viele Fußball-Vereine besuchen zu besonderen Anlässen die Kinderkrankenstation ausgewählter Krankenhäuser in ihrer Stadt. Auch Kinder mit Krebs werden dort von ihnen besucht. Auch die Profis des FC Barcelona besuchen solche Stationen. Ich kann mich nicht in sie hinein versetzen, aber vielleicht haben einige von ihnen an diese Kinder gedacht, die den gleichen Kampf durchleben wie es Xana musste.
Es braucht keine Wörter – in den letzten Minuten
Nach dem Wiederanpfiff konzentrierte sich das Spiel wieder auf den eigentlichen Sport – dem Fußball. Ich guckte gespannt zu, fieberte mit und merkte das Valencia schon längst aufgeben hatte hier richtig mitspielen zu wollen, nachdem Gerard Piqué das dritte Tor der Blaugrana erzielte. Zwischenzeitlich waren dann doch immer wieder „Luis Enrique“ – Rufe zu hören. Anscheinend immer darauf bedacht, nicht zu vergessen für wen sie hier heute auch noch spielen.
Das vorzeitige Ende fand das Spiel dann mit einem Tor von Suarez. Er kreuzte seine Finger zu einem X, auch ganz darauf bedacht, wieder das eigentliche Thema dieses Fußball-Abends hervorzuholen. Es war eine Widmung für Xana, die er sehr gut kennt, denn seine Tochter und Xana gingen in dieselbe Klasse und waren gute Freundinnen geworden.
Zum Schluss bleibt die Erinnerung
Im Fußball bleiben oft die Spiele und die Spieler in Erinnerung, was eigentlich klar ist. Doch in einigen Momenten wird auch der Fußball mal zur Nebensache. Wenn es um menschliche Dinge geht und nicht um Tore und Vorlagen oder wahnsinnig gute Tricks.
Obwohl ich Xana Enrique nur vom Sehen her kannte, wirkte sie immer sehr glücklich. Voller Spaß am Leben zeichnete sich bei ihr ab. Zwar siegte am Ende Barca mit 5:2, dies auch mit einiger Hilfe von den Fledermäusen, doch vor allem bleibt Xana uns im Gedächtnis.
Bei den Fans, bei den Spielern die sie kennen lernen durften und bei der Familie.
Vor allem der Familie.
Eine Reportage von Alina Schlothauer – Sportjournalismus & Sportmarketing (BA-SJ-12-H-VZ, Modul: Sportlehrredaktion II)
Links:
https://www.fcbarcelona.com/en/
https://sportbild.bild.de/fussball/primera-division/champions-league/luis-suarez-geste-jubel-xana-barcelona-valencia-64713678.sport.html
https://www.welt.de/sport/fussball/article199412974/Luis-Enrique-Tochter-9-von-Spaniens-Ex-Nationaltrainer-ist-tot.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Luis_Enrique
https://www.kicker.de/4592582/spielinfo/fc-barcelona/fc-valencia
https://www.transfermarkt.de/fc-barcelona/startseite/verein/131
https://www.valenciacf.com/es
Schlagworte: FC Barcelona, Fußball, Profi, Spanien, Trainer