Reitsport
Wenn Pflicht zur Wahl wird-Risiko Herpesvirus
Zwischen Sicherheitsbedenken und Freiheitsansprüchen stehen sich Befürworter und Kritiker unversöhnlich gegenüber. Während die einen die Impflicht als notwendigen Schutz für Pferde sehen, empfinden andere sie als ungerechtfertigten Eingriff in die Trainings-und Turnierfreiheit. Die Folge: Ein tiefer Riss geht durch die Reitsportgemeinschaft, mit teils weitreichenden Konsequenzen.
(Hannover.) Nach einem dramatischen Herpesausbruch im Jahr 2021 bei einem internationalen Turnier im spanischen Valencia, bei dem zahlreiche Pferde erkrankten und mehrere verstarben, verschärfte die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) ihre Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit. Ab Januar 2023 galt daher für alle Turnierpferde eine Impfpflicht gegen das Equine Herpesvirus Typ 1 (EHV-1). Ziel war es, Ausbrüche zu vermeiden und die Turnierszene sicherer zu gestalten.
Entscheidung: Beirat Sport hebt Impfpflicht auf
Im April 2024 sprach sich der FN-Beirat „Sport“ mehrheitlich für die Aufhebung der Herpes-Impfpflicht aus. Grundlage dieser Entscheidung war unter anderem eine Umfrage innerhalb der Mitgliedsorganisationen. Rund 76 Prozent der Beiratsmitglieder stimmten für die Abschaffung. Die Impfpflicht wurde daraufhin zum 15. April 2024 aufgehoben.
Die Expertenmeinung einer Tierärztin hören Sie hier:
Gründe für die Aufhebung
Die Kritik an der Impfpflicht war von Anfang an groß. Viele Reiter empfanden sie als finanziell belastend und organisatorisch schwer umsetzbar. Zudem war die Herpes-Impfung nie Bestandteil der gesetzlichen Impfverordnung, sondern lediglich durch die Leistungsprüfungsordnung der FN geregelt. Auch auf internationaler Ebene bestand keine einheitliche Pflicht. Die fehlende europäische Einheitlichkeit führte dazu, dass deutsche Reiter im Nachteil gegenüber anderen Nationen standen.
Impfempfehlung bleibt bestehen
Trotz der Aufhebung der Pflicht betont die Ständige Impfkommission der Veterinärmedizin weiterhin die Bedeutung der Herpesimpfung. Sie zählt die Immunisierung gegen EHV-1 nach wie vor zu den sogenannten Core-Impfungen, die jedem Pferd regelmäßig verabreicht werden sollten. Die FN empfiehlt Haltern deshalb auch künftig dringend, ihre Pferde weiterhin impfen zu lassen.
Die Meinungen der Befragten diesbezüglich hören Sie hier:
Auswirkungen auf Turniere und Pferdehalter
Für Turnierveranstalter bedeutet die neue Regelung mehr Flexibilität, da sie keine Impfkontrollen mehr durchführen müssen. Gleichzeitig steigt jedoch die Verantwortung der Pferdehalter, das Infektionsrisiko eigenverantwortlich zu minimieren. Ein Rückgang der Impfquoten könnte mittelfristig zu neuen Ausbrüchen führen, warnen Tierärzte. Die FN betont deshalb, dass es sich bei der Herpesimpfung nicht um eine Maßnahme zum Selbstschutz, sondern zum Schutz der gesamten Turniergemeinschaft handelt.
Eigenverantwortung statt Pflicht
Mit der Aufhebung der Impfpflicht geht der Reitsport neue Wege. Die Entscheidung der FN ist ein Kompromiss zwischen Tiergesundheit, internationaler Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichen Realitäten. Umso wichtiger ist es nun, dass Reiter ihre Verantwortung ernst nehmen und sich weiterhin für die Gesundheit ihrer Tiere und den Schutz der Turniergemeinschaft einsetzen. Eine freiwillige, aber konsequente Impfstrategie bleibt aus veterinärmedizinischer Sicht sinnvoll, auch ohne formale Pflicht.
Quellen:
FN-Beirat Sport hebt Herpes-Impfpflicht für Turnierpferde auf (pferd-aktuell.de)
FN hebt Herpes-Impfpflicht für Turnierpferde auf – das müssen Reiter jetzt wissen (cavallo.de)
FN beendet Pflicht zur Herpesimpfung bei Turnierpferden (wittelsbuerger.de)
Informationen zur Aufhebung der Herpes-Impfpflicht (pferdesportwestfalen.de)
Entscheidung des Beirats Sport über die Empfehlung zur Herpesimpfung (berufsreiter.com)
Ein Bericht von Isabel Abé, Prüfungsleistung im Modul Crossmediale Medienkommunikation und Konzeption, BA-MJ-69-H-VZ-KS
Schlagworte: Herpes, Impfpflicht, Krankheit, Reitsport, Turnierreiten, Virus