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Werders historisches Wunder

Am Samstag, den 20. August um 15.30 Uhr ist der SV Werder Bremen zu Gast bei Borussia Dortmund im Signal-Iduna-Park. Im Duell Champions-League-Teilnehmer gegen Aufsteiger sind die Rollen vorher klar verteilt. Beide Teams sind nach den ersten zwei Punktspielen noch ungeschlagen.

Veröffentlicht am 21. September 2022 von

(Dortmund.) Die strahlende Sonne knallt auf die Windschutzscheibe des Autos, mit dem es über die Autobahn zum Signal-Iduna-Park geht. Angekommen in Dortmund tummeln sich die Menschen mit ihren Fahrzeugen um das Stadion herum. Einen Parkplatz in der Nähe der Arena zu finden ist um kurz nach 15 Uhr so unmöglich, wie den Ball aus einem Meter am leeren Tor vorbeizuschießen. Ein paar Minuten nach Anpfiff in der Arena angelangt geht es aber innerhalb von wenigen Sekunden durch die Kontrolle. Noch ein paar Treppenstufen und schon ist die schwarz-gelb schimmernde sogenannte ,,Wand‘‘ auf der Gegenseite zu sehen. Am Platz hingesetzt, schießt der Geruch von frisch gezapftem Bier und Currywurst in die Nase. Die Dortmunder treten mit zwei Siegen aus den ersten zwei Spielen vor ihrem Heimpublikum und damit über 80.000 Zuschauern an. Die Aufsteiger von der Weser reisen hingegen mit zwei Unentschieden infolge an, zweimal 2:2. Es war davon auszugehen, dass der BVB das Spiel macht und die Gäste aus Bremen sich erstmal auf dem frisch gemähten Rasen der eigenen Hälfte ausbreiten. Pustekuchen. Die Zuschauer im Stadion reiben sich verwundert die Augen als die Bremer immer wieder gefährlich vor das Tor von Gregor Kobel kommen. Selbst im mit über 8.000 Menschen vollbesetzten Gästeblock kneifen die Fans sich gegenseitig in die Arme, um zu realisieren, dass ihr Team die bessere Mannschaft ist. Die grün-weißen Fahnen, die im Wind flattern, werden aber kurz vor dem Halbzeitpfiff eingeholt, weil der in Bremen geborene Julian Brandt den bisherigen Spielverlauf auf den Kopf stellt. Als der deutsche Nationalspieler den Ball aus 16 Metern unbedrängt ins untere rechte Eck schiebt, fliegen hunderte Liter Bier in die Luft und mehr als 70.000 Dortmunder Fans strecken die Arme in die Höhe.

Die Halbzeitpause wurde genutzt, um sich eine mit 3,50 Euro im Vergleich noch günstig zu kriegende Bratwurst zu schnappen. In den Gängen des Gästebereiches schöpfen die Fans nochmal Kraft und Hoffnung. Oft heißt es aber auch nur ,,Oh man warum so kurz vor der Halbzeitpause‘‘.  Mit einem donnernden Applaus begrüßen die Fans ihre Dortmunder Akteure, die wieder aus der Kabine laufen. Diese Aufmunterung hilft den Spielern auf dem Platz aber erstmal relativ wenig, denn Werder kommt weiter zu guten Torchancen durch Füllkrug, Jung und Duksch zwischen der 55. und 60. Minute. Die Bremer Gästesitzplätze werden zu Hybridsitzen bzw. Hybridstehern. Als der Ball dann in der 77. Spielminute im gelb-schwarzen Netz zappelt, sitzen aber plötzlich selbst die Werderaner die einen Stehplatz haben auf dem Boden der Tatsachen. 2:0 für Dortmund, zwei Mal ein Weitschuss, diesmal Raphael Guerreiro. Nach ein paar ungläubigen Sekunden und der Zigarette danach, strahlen die Werder-Anhänger eine gewisse Akzeptanz aus. Ganz nach dem Motto: ,,Gut gespielt, aber es ist halt der Vizemeister Dortmund gegen den wir hier spielen‘‘.  Nach dem Pfostentreffer von Thorgan Hazard kurz später wischt sich Werders Trainer Ole Werner die nächsten Schweißperlen von der Stirn.

Kurz vor Ende der regulären Spielzeit drehen Zuschauer, die gerade das größte Fußballstadion Deutschlands verlassen wollen, aber nochmal um. Der eingewechselte Lee Buchanan hämmert den Ball aus Sechzehnerhöhe mit gefühlten 200 km/h rechts oben in den Knick. Mit der Anzeige von fünf Minuten Nachspielzeit wird das ganze Stadion auf Knopfdruck nochmal laut. Die beiden Trainer Edin Terzic und Ole Werner starten den Wettbewerb um den Schreihals des Monats, um ihre Mannschaft erneut zu motivieren. Die Dortmunder ziehen sich in die eigene Hälfte, wie eine Schildkröte in den Panzer zurück. Wer schon jetzt begeistert ist von dem goldenen Händchen Ole Werners mit der Einwechslung von Buchanan, der staunt noch mehr als Niklas Schmidt, ebenfalls Joker, auch noch das 2:2 köpft. Jubel, Trubel, Heiterkeit im Bremer Block. Sie können es nicht fassen. Dortmund will nochmal angreifen, aber verliert den Ball. Mitchell Weiser kommt an das runde Spielgerät und schickt ,,Speedy Burke‘‘, Oliver Burke, ebenfalls eingewechselt, auf die Reise. Alle Bremer springen auf und halten den Atem an. Es ist nur noch das Klappern der Zähne von Dortmunder Seite zu hören. Burke legt sich den Ball im Laufduell mit Marius Wolf einmal vor und zündet dann eine Rakete ins kurze Eck. Komplette Ekstase auf der Bremer Bank. Im Gästeblock liegen sich die Fans in den Armen und es kommen immer wieder nur drei Buchstaben über die Lippen. O, M und G. Oh mein Gott!

Der Schiedsrichter pfeift mit einem schrillen Geräusch die Partie ab. Das Werder-Wunder ist perfekt. Die Borussia-Fans stehen immer noch regungslos mit großen Augen an ihrem Platz. Pure Enttäuschung auf der einen und riesige Freude auf der anderen Seite. Nach einem 2:0 Rückstand dreht der SV Werder Bremen das komplette Spiel noch und gewinnt mit 3:2 im Signal-Iduna-Park. Noch nie gewinnt eine Mannschaft ein Bundesligaspiel, nachdem Sie in der 89. Minute noch mit 0:2 zurück liegt. Mit 14 zu sechs Torschüssen spiegelt sich zwar auch hier die Überlegenheit Werders wieder, aber dieser Spielverlauf ist für den amtierenden Vizemeister denkwürdig. Nun steht Borussia Dortmund nach drei Spielen mit sechs Punkten statt mit neun in der Bundesliga nur auf Rang sieben. Der Aufsteiger Bremen hängt dem BVB mit nur einem Punkt weniger dicht an den Fersen. Für Dortmund geht es nun nach Berlin, nein nicht zum Pokalfinale, sondern allein zum Ligaspiel bei Hertha BSC. Ein Sieg ist jetzt erst recht wohl Pflicht. Für Werder geht es am Osterdeich gegen den nächsten Champions-League Teilnehmer Eintracht Frankfurt. Mit ,,Auswärtssieg‘‘-Rufen und dem Bild von herumschwingenden Werder Schals geht es raus aus der riesigen Arena. Auf den Straßen um das Stadion herum gehen tausende Menschen mit gesenktem Kopf und leeren Blicken nachhause. Am Ende sind die Rollen beim Duell Champions-League Teilnehmer gegen Aufsteiger wohl doch nicht klar verteilt gewesen.

https://www.sportschau.de/fussball/bundesliga/bundesliga-spielbericht-borussia-dortmund-werder-bremen-100.html

https://www.derwesten.de/sport/fussball/bvb/borussia-dortmund-bvb-werder-bremen-niederlage-bundesliga-id236211221.html

https://www.kicker.de/bundesliga/tabelle/2022-23/3

https://www.fussballmafia.de/stadion/westfalenstadion-dortmund/

https://www.kicker.de/dortmund-gegen-bremen-2022-bundesliga-4781450/aufstellung

Eine Reportage von Hannes Göbel (BA-SJ-18-H-VZ)

Modul: Journalistische Darstellungsformen


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Datum: 21. September 2022
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